Damit ihr euch einen Eindruck verschaffen könnt, wie ein fertiges Skript später aussieht, stelle ich euch an dieser Stelle zwei Seiten aus dem Skript "Glückliche Wohnungskatzen!?" zur Verfügung:
(...) III Lebensraum Wohnung
...aus Menschensicht
Worauf achten wir, wenn wir Wohnungen bewerten; welche Kriterien zählen für uns, damit wir uns wohl fühlen? Viele Menschen… ...mögen lichtdurchflutete Räume, weil sie wohl die Stimmung heben. ...bevorzugen große Räume, die großzügig wirken und leere Flächen aufweisen. Wahrscheinlich fühlen wir uns dort nicht eingeengt. ...statten ihre Wohnungen mit Möbeln aus, die funktional und/oder ästhetisch sind. ...lieben weiche, hochflorige Teppiche, Sofas mit einem derben hellen Stoffbezug und Parkettboden. ...achten bei der Einrichtung ausschließlich auf Dinge, die die eigene Augenhöhe nur leicht überschreiten. ...streichen ihre Wände nach einem bestimmten Farbkonzept.
...aus Katzensicht
Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass die Katze als kleines Tier eine deutlich andere visuelle Wahrnehmung als wir besitzt: Direkt vor ihrer Nase befinden sich Tisch- und Stuhlbeine, Sofarücken, Schrankwände etc. Da ist es logisch, dass sie, um sich einen räumlichen Überblick zu verschaffen, darauf angewiesen ist, auf einen erhöhten Platz zu springen. Mit unseren Farbkonzepten kann Katze nun so gar nichts anfangen, besitzt sie doch in der Netzhaut des Auges lediglich nur zwei Zapfentypen, nämlich Gelb und Blau. Wahrscheinlich nehmen Katzen Rottöne nur in abgestuften Grautönen wahr. Anscheinend sind ihnen andere Unterschiede zwischen Objekten – Helligkeit, Umriss, Muster oder Größe – wichtiger als der Farbton. Nach neuesten Studien bevorzugen Katzen die Farbe Blau, was sich darin zeigt, dass sie blaue Katzentoiletten häufiger als andersfarbige aufsuchen.
Wo der Mensch absolut nicht punkten kann, trumpft die Katze auf: Der olfaktorische (Geruchs-) Sinn ist bei ihnen wesentlich stärker ausgeprägt als bei uns. So dienen ihnen Duftstoffe als Kommunikation und Wohlfühlbarometer, was sie beim facialen Markieren (Gesichtsmarkieren) an Türrahmen, in den Raum ragenden Kanten oder auch an uns deutlich machen. Auch der Hörsinn ist stärker ausgeprägt bei uns Menschen, denn Katzen besitzen deutlich mehr Hörsinneszellen als der Mensch und hören ca. 3mal so gut wie wir – bei Mäusefang ein Segen, bei Babygeschrei, fallenden Topfdeckeln oder an Silvester eher ein Grund zur Panik. Zudem ist die Katze nicht nur ein gut bewaffneter Jäger von Mäusen, sondern selbst ein manchmal ängstliches Beutetier, das daher auf Vorsicht bedacht sein muss.
Eine ideale Wohnung aus Katzensicht könnte so aussehen:
Die Wohnung ist gut strukturiert: Es gibt wenige freie Flächen, da diese zum einen völlig uninteressant sind (es gibt rein gar nichts zu erkunden; s.auch „Die liebe Verwandtschaft“ ) und zum anderen potenziell gefährlich, wenn mal Streit herrscht innerhalb der Katzengruppe, denn es fehlen Ausweichmöglichkeiten. Vom Sofa auf die Kommode und von dort auf/in den Bücherschrank (Spiel, Erkundung, Rückzug); ein Karton mit verschiedenen Öffnungen, daneben ein Teppichläufer (Spiel), ein Miau-Modul (Spiel, Versteck), ein deckenhoher Kratzbaum mit Ausblick in den Garten (Beobachten, Spielen, Schlafen, Rückzug) und auf der Fensterbank eine bequeme, breite Ablage (Beobachten, Schlafen/Ruhen).
Die Liege- und Beobachtungsposten werden in jedem Raum in verschiedenen Höhen angeboten: Ein gemütliches Katzenkissen auf dem Boden, geschützt durch eine Wand oder einen Schrank, mit Aussicht auf die Terrassentür, den kompletten Raum oder das Treppenhaus, wird genau so häufig genutzt wie das Körbchen im Regal, auf dem Kleiderschrank oder der Fensterbank. In jedem Zimmer werden diese Angebote gemacht.
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VI Einzelhaltung oder Mehrkatzenhaushalt?
Das Bild der Katze in der Gesellschaft hat sich gewandelt – galt sie noch vor 20 Jahren als absoluter Einzelgänger, wird sie heute häufig als soziales Gruppentier beschrieben, das unbedingt einen Sozialpartner zum Glücklichsein braucht. Beide Einschätzungen sind Pauschalurteile und in meinen Augen äußerst kritisch zu betrachten, sorgen sie doch (meist ungewollt) für viel Leid bei Katze und Tierhaltern. Eine gut sozialisierte Katze, die als Kitten von ihren Geschwistern getrennt wird und danach als Einzelkatze ihr Dasein fristen muss, wird genauso leiden wie ein Kater, der jahrelang in Einzelhaltung lebte, um plötzlich mit einer jungen Katze vergesellschaftet zu werden, die nur Unsinn im Kopf hat. Die allermeisten Verhaltens-Fälle in meiner Katzenpraxis sind (Wohnungs-)Katzen, die in einem Mehrkatzenhaushalt leben, in denen entweder plötzlich oder schon lange Probleme auftreten wie Mobbing, aggressives Verhalten gegenüber der Mitkatze, Unsauberkeit, Rückzug und Harnmarkieren.
Betrachtet man Katzengruppen auf Bauernhöfen, kann man beobachten, dass sich zumindest die Kätzinnen, die miteinander direkt verwandt sind (Mutter, Schwester), gut verstehen und sich bisweilen auch bei der Aufzucht der Jungen helfen. Insofern bilden sie ein soziales Geflecht. Dagegen suchen sich die meisten Jungkater im Alter von ca. 2 Jahren notgedrungen ein anderes Revier, da sie von den Altkatern aus deren Territorium verjagt werden. Sie müssen also abwandern, um sich eine neues Revier zu suchen. Also sind kastrierte Katzen einerseits nicht unbedingt auf andere Artgenossen angewiesen: Sie jagen alleine und besetzen ein eigenes Revier, das sich mit dem ihren zwar überlappt, aber in dem die Aufenthalte der einzelnen Tiere oft minutiös festgelegt sind.
Auf der anderen Seite pflegen sie soziale Beziehungen zu ihregleichen. Das erkennt man schon daran, dass Katzen eine Vielzahl von Kommunikationsmitteln etabliert haben, die visuelle (z.B. emporgereckter Schwanz als freundliche Begrüßungsgeste), olfaktorische (z.B. Harnmarkierungen; Köpfchen reiben), haptische (z.B. Flanken aneinander reiben, auch olfaktorisch) und auditive (z.B. Gurrlaute; Knurren, Katergesänge) Kanäle nutzen. Einige dienen dazu, die Distanz zum Artgenossen zu vergrößern (Knurren, Fauchen; Katzenbuckel), andere dazu, mehr Nähe herzustellen (z.B. "Begrüßungsschwanz"). Ob eine Katze sehr sozial gegenüber anderen Samtpfoten eingestellt ist oder nicht, ist grundsätzlich abhängig von den Bedingungen des Aufwachsens (besonders in der sensiblen Phase), der Persönlichkeit, der genetischen Ausstattung und den individuellen Erfahrungen. Im Speziellen kann sie auch abhängig von Ort und Zeit sein: z.B. morgens Distanz, abends nach dem Auspowern Bedürfnis nach Nähe (Kontaktliegen); auf dem Bett Nähe, auf dieser Couch Distanz; drinnen miteinander spielen ist super, draußen nicht,...
Die reine Wohnungshaltung ist insofern ein Sonderfall, da die Katzen noch mehr reglementiert werden als Freigängerkatzen, die häufig selbst über ihr Kommen und Gehen bestimmen können. Insofern sind eine katzengerecht eingerichtete Wohnung (s. Lebensraum Wohnung) sowie ein individuell gestaltetes Spiel- und Beschäftigungsprogramm (s. Spiel und Beschäftigung) wesentliche Voraussetzungen für eine artgerechte Katzenhaltung.
Zurück zur Frage: Brauchen Katzen Sozialpartner zum Glücklichsein? Die Antwort lautet: JEIN – einige Katzen sind glücklicher, wenn sie als Einzelkatzen leben, andere leiden unter der Abwesenheit eines passenden Sozialpartners.